Name: Carina Spieß
Einsatzland: Argentinien
Einsatzstelle: Hodif Campana / Floresta
Zwischenbericht Nr.3
Juli 2012
Ein drittes Mal ein herzliches Hola an
alle meine Unterstützer, Freunde und natürlich meine Familie!
Ein Reflektionsbericht:
Mein Jahr hier in Argentinien ist fast
vorbei. Ich habe noch genau einen Monat bis ich meine Rückreise nach
Deutschland antrete. Da überschwemmen mich Gedanken von allen
gemachten Reisen, der Arbeit, von geschlossenen Freundschaften, von
sprachlichen Missgeschicken und vielem mehr.
Nun mache ich mit Euch und Ihnen eine
kleine Reise, zurück zu meinem ersten Arbeitstag hier in Buenos
Aires:
Um 9 Uhr morgens klingelte mein Wecker.
Immer noch müde, da ich die Nacht vor Aufregung nicht gut geschlafen
hatte, machte ich mich fertig, trank einen Kaffee, versuchte
wenigstens etwas zu frühstücken und wartete geduldig bis ich von
meiner Mitfreiwilligen Mareike und einer Mitarbeiterin abgeholt
wurde.
Wie werden meine Mitarbeiter wohl
sein? Nett? Streng? Werde ich sie verstehen wenn sie mit mir reden?
Wie lange ist der Weg ins Projekt? Finde ich jenen morgen dann
alleine mit all diesen Bussen hier? Wie ist das Essen dort? Habe ich
die richtigen Klamotten an? Wie sind die Bewohner? Und wie leben sie?
Werden sie schnell vertrauen zu mir fassen? Wie groß ist die Armut?
Wie begrüße ich alle? Sprichst meine Mitfreiwillige besser spanisch
als ich? Wie werde ich auch die Leute im Projekt wirken?
All diese und noch viel mehr fragen
gingen mir an diesem Morgen durch den Kopf. Fragen und Gedanken über
die ich heute nur schmunzeln kann.
Nach meinem ersten 6stndigen Arbeitstag
dann auf dem Weg nach Hause:
Sitze ich im richtigen Bus? Ich darf
meine Haltestelle nicht verschlafen! Habe ich einen guten Eindruck
gemacht? Haben sie mich verstanden wenn ich geredet habe? Ob sie wohl
gemerkt haben, dass ich einfach meistens nur gelächelt habe und „si“
gesagt habe?? Wie habe ich mich bei den Aufgaben geschlagen? Das
Essen war lecker.. die Köchin kocht gut. Das sollte ich ihr mal
sagen im Wörterbuch „lecker“ suchen Mist, bin ich schon an der
Haltestelle vorbei?? Ach nein...noch 2 Straßen weiter.....
Danach bin ich erstmal hundemüde in
mein, noch unbekanntes, Bett gefallen und habe meine erste richtige
Siesta geschlafen.
Zurück ins heute:
An diesen Tag und diese Momente
erinnere ich mich noch genau. Wenn ich heute daran zurückdenke,
kommt mir immer wieder ein Lächeln über die Lippen. Die ganze
Aufregung, der Druck und Stress.... eigentlich völlig umsonst. Alle
Leute, ob Mitarbeiter oder Bewohner, waren nett und verständnisvoll.
Das Essen war lecker, mein spanisch grottenschlecht und den Weg am
nächsten morgen habe ich auch ohne Probleme gefunden.
Heute trinke ich morgens Mate, statt
Kaffee, mache mir aus Hektik, Stress und Eile überhaupt nichts mehr,
die Siesta gehört zum Alltag und ich habe auch eine andere Sicht auf
viele Dinge hier bekommen.
Wenn ich nun auf dieses wunderbare Jahr
zurückblicke, kann ich fr mich persönlich sagen, dass ich in meinem
Glauben und Charakter gewachsen, selbstständiger, offener und
geduldiger geworden bin und viel gelernt habe - nicht nur spanisch.
Einige Dinge, die hier im Land
passieren sehe ich nun sehr viel skeptischer als vorher, besonders in
politischer Hinsicht. Andere Dinge, wie das Busfahren oder
einfachmal-nichts-tun, sehe ich um einiges entspannter als noch vor
einem Jahr. Meine Arbeit, das Reisen und mein Alltagsleben hier haben
mich um einige Freundschaften, Abenteuer, gesellige Abende und
peinliche Sprachsituationen bereichert und ich habe jeden einzelnen
Tag genossen!
Nun ist es Zeit wieder an Deutschland
zu denken, an zu Hause, an meine Familie. Nun ist es Zeit die sich in
mir breitmachende Trägheit der Argentinier wieder abzulegen und mich
auf das Studium, zumindest mal gedanklich, einzustellen. Das ist
jedoch leichter gesagt als getan. Noch lebe und genieße ich jeden
Tag hier, in meiner mir sehr ans herzgewachsenen Stadt, Buenos Aires.
Doch andererseits freue ich mich jeden
Tag ein bisschen mehr, in meine Heimat, zu Familie und Freunden,
zurückzukehren.
Mit diesen gespaltenen Gefühlen
verabschiede ich mich nun,
bis bald!
Eure Carina