Sonntag, 12. August 2012

Mein letzter Bericht


Name: Carina Spieß
Einsatzland: Argentinien
Einsatzstelle: Hodif Campana / Floresta
Zwischenbericht Nr.3
Juli 2012


Ein drittes Mal ein herzliches Hola an alle meine Unterstützer, Freunde und natürlich meine Familie!

Ein Reflektionsbericht:
Mein Jahr hier in Argentinien ist fast vorbei. Ich habe noch genau einen Monat bis ich meine Rückreise nach Deutschland antrete. Da überschwemmen mich Gedanken von allen gemachten Reisen, der Arbeit, von geschlossenen Freundschaften, von sprachlichen Missgeschicken und vielem mehr.
Nun mache ich mit Euch und Ihnen eine kleine Reise, zurück zu meinem ersten Arbeitstag hier in Buenos Aires:
Um 9 Uhr morgens klingelte mein Wecker. Immer noch müde, da ich die Nacht vor Aufregung nicht gut geschlafen hatte, machte ich mich fertig, trank einen Kaffee, versuchte wenigstens etwas zu frühstücken und wartete geduldig bis ich von meiner Mitfreiwilligen Mareike und einer Mitarbeiterin abgeholt wurde.
Wie werden meine Mitarbeiter wohl sein? Nett? Streng? Werde ich sie verstehen wenn sie mit mir reden? Wie lange ist der Weg ins Projekt? Finde ich jenen morgen dann alleine mit all diesen Bussen hier? Wie ist das Essen dort? Habe ich die richtigen Klamotten an? Wie sind die Bewohner? Und wie leben sie? Werden sie schnell vertrauen zu mir fassen? Wie groß ist die Armut? Wie begrüße ich alle? Sprichst meine Mitfreiwillige besser spanisch als ich? Wie werde ich auch die Leute im Projekt wirken?
All diese und noch viel mehr fragen gingen mir an diesem Morgen durch den Kopf. Fragen und Gedanken über die ich heute nur schmunzeln kann.
Nach meinem ersten 6stndigen Arbeitstag dann auf dem Weg nach Hause:
Sitze ich im richtigen Bus? Ich darf meine Haltestelle nicht verschlafen! Habe ich einen guten Eindruck gemacht? Haben sie mich verstanden wenn ich geredet habe? Ob sie wohl gemerkt haben, dass ich einfach meistens nur gelächelt habe und „si“ gesagt habe?? Wie habe ich mich bei den Aufgaben geschlagen? Das Essen war lecker.. die Köchin kocht gut. Das sollte ich ihr mal sagen im Wörterbuch „lecker“ suchen Mist, bin ich schon an der Haltestelle vorbei?? Ach nein...noch 2 Straßen weiter.....
Danach bin ich erstmal hundemüde in mein, noch unbekanntes, Bett gefallen und habe meine erste richtige Siesta geschlafen.

Zurück ins heute:
An diesen Tag und diese Momente erinnere ich mich noch genau. Wenn ich heute daran zurückdenke, kommt mir immer wieder ein Lächeln über die Lippen. Die ganze Aufregung, der Druck und Stress.... eigentlich völlig umsonst. Alle Leute, ob Mitarbeiter oder Bewohner, waren nett und verständnisvoll. Das Essen war lecker, mein spanisch grottenschlecht und den Weg am nächsten morgen habe ich auch ohne Probleme gefunden.
Heute trinke ich morgens Mate, statt Kaffee, mache mir aus Hektik, Stress und Eile überhaupt nichts mehr, die Siesta gehört zum Alltag und ich habe auch eine andere Sicht auf viele Dinge hier bekommen.
Wenn ich nun auf dieses wunderbare Jahr zurückblicke, kann ich fr mich persönlich sagen, dass ich in meinem Glauben und Charakter gewachsen, selbstständiger, offener und geduldiger geworden bin und viel gelernt habe - nicht nur spanisch.
Einige Dinge, die hier im Land passieren sehe ich nun sehr viel skeptischer als vorher, besonders in politischer Hinsicht. Andere Dinge, wie das Busfahren oder einfachmal-nichts-tun, sehe ich um einiges entspannter als noch vor einem Jahr. Meine Arbeit, das Reisen und mein Alltagsleben hier haben mich um einige Freundschaften, Abenteuer, gesellige Abende und peinliche Sprachsituationen bereichert und ich habe jeden einzelnen Tag genossen!

Nun ist es Zeit wieder an Deutschland zu denken, an zu Hause, an meine Familie. Nun ist es Zeit die sich in mir breitmachende Trägheit der Argentinier wieder abzulegen und mich auf das Studium, zumindest mal gedanklich, einzustellen. Das ist jedoch leichter gesagt als getan. Noch lebe und genieße ich jeden Tag hier, in meiner mir sehr ans herzgewachsenen Stadt, Buenos Aires.
Doch andererseits freue ich mich jeden Tag ein bisschen mehr, in meine Heimat, zu Familie und Freunden, zurückzukehren.

Mit diesen gespaltenen Gefühlen verabschiede ich mich nun,
bis bald!

Eure Carina